Über die wirkungsart von polymerisationsinhibitoren

Über die wirkungsart von polymerisationsinhibitoren

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Eine größere Anzahl von Stoffen wird auf ihre polymerisationshemmende Wirkung hin untersucht, indem ihr Einfluß auf die Geschwindigkeit der Polymerisation und den Polymerisationsgrad des entstehenden Produktes bestimmt wird. Die Messungen erlauben es, die Inhibitoren in 4 Klassen einzuteilen, je nachdem welchen Teilvorgang der Polymerisation sie beeinflussen. Gemeinsam mit Professor G. Wittig wird die Frage untersucht, ob Antioxydantien immer als Polymerisationsinhibitoren wirken. Es zeigt sich, daß alle untersuchten Polymerisationsinhibitoren auch die Autoxydation hemmen, daß aber viele Antioxydantien auf die Polymerisation keinen Einfluß haben.

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10.1002/macp.1947.020010109
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fsber die Wirkungsart von Polymerisationsinhibitoren Von G. V. Schulz (Experimentell bearbeitet von Marlies Strapberger und Evamaria Glindemann) Aus dem Institut f u r physikalische Chemie der Universitiit Mainz Z USA M M E N FA SS U N G : Eine groBere Anzahl von Stoffen wird auf ihre polymerisationshemmende Wirkung hin untersucht, indem ihr EinfluS auf die Geschwindigkeit der Polymerisation und den Polymerisationsgrad des entstehenden Produktes bestimmt wird. Die Messungen erlauben es, die Inhibitoren i n 4 Klassen einzuteilen, je nachdem welchen Teilvorgang der Polymerisation sie beeinflussen. Gemeinsam mit Professor G. Wittig wird die Frage untersucht, oh Antioxydantien immer als Polymerisationsinhibitoren wirken. Es zeigt sich, da6 alle untersuchten Polymerisationsinhibitoren auch die Autoxydstion hemmen, daS aber viele Antioxydantien auf die Polymerisation keinen EinfluS haben. I. Einteilung der Polymerisationsinhibitoren. Als Inhibitor bezeichnet man bekanntlich einen Stoff, welcher bereits in geringer Menge die Geschwindigkeit einer Reaktion merklich herabsetzt. Die Polymerisationsvorgange haben als Kettenreaktionen zwei empfindliche Stelkn, die der Einwirkung reaktionsfahiger Stoffe in besonderem MaBe zuganglich sind, den Kettenstart und den Kettenabbruch. Das Kettenwachstum, welches iiber radikalartige Zwischenstufen verlaiift ' 4, ist wahrscheinlich chemischen Einwirkungen gegeniiber sehr unempfindlich. Man kann somit vom reaktionskinetischen Standpunkt aus die Inhibitoren danach unterscheiden, in welchen Teilvorgang sie eingreifen. Legt man die allgemeine Gleichung einer Kettenreaktion VBr = VVA ( V B= Bruttoreaktionsgeschwindigkeit; vA = Geschwindigkeit des Ketten~ starts; v = Kettenlange) zugrunde, so kann der Inhibitor entweder die Kettenlange herabsetzen, indem er den Kettenabbruch beschleunigt, oder 1 18. Mitt. iiber die Kinetik der Kettenpolymerisationen; 17. Mitteilung: G. V. Schulz und G. Harborth, (voranstehend). 2 H. Staudinger und W. Frost, Ber. dtsch. chem. Ges. 68, 2351 (1935). 3 G. V. Schulz, A. Dinglinger und E. Nusemann, Z. physik. Chem. (B) 43, 385 (1939). 4 G.V. Schulz, Z. f. Elektrochem. 47, 265 (1941). 94 Wirkungsari von Polymerisationsinhibitoren den Kettenstart hemmen, w d u r c h der Umsatz verringert wird, jedoch die Kettenlange v unbeeiniluot blcibt oder sogar erhiiht wird. In beiden Fallcn tritt eine Verlangsamung der Bruttogeschwindigkeit ein. In einer vorangegangenen Arbeit wurde auf Grund dieser uberlegung. folgende Klassifizierung der Iiihibitoren vorgcschlagen: I. A b b r u c h in h i b i t o r en. Sie erhohen allein die Geschwindigkeit des Kettenabbruchs;, sie setzen also die Kettenlange herab, ohne die Geschwindigkeit des Kettenstarts zu beeinilussen. 11. S t a r t in h i b it o r e n. Sie verhinldern allein die Geschwindigkeit des Primaraktes, greifen aber nicht direkt in den Kettenabbruch ein. 111. S t a r t a b b r u c h i n h i b i t o r en. S e vereinen die beideii genannten Wirkungen. IV. K o m p e n s a t i o n s i n h i b i t o r e n . Sie erhohen zwar die Geschwindigkeit des Primaraktes, setzeii aber gleichzeitig die Kettenlange so stark herab, d a B insgesamt das Produkt Y V A und somit nach (1) die Bruttogeschwindigkeit herabgesetzt wird. Die Beschleunigung des Kettenstar tes kann entweder direkt oder indirekt geschehen, indem der Inhibitor mit den wachsenden Ketten eine ,,Obertragungsreaktion" eingeht 5. Unter der Voraussetzung, daB die Polgmerisationsvorgangc Kettenreaktionen der oben gekennzeichneten Art sind, erfaBt diese Einteilung samtliche Moglichkeiten. Experimeutell hanii man die Klassenzugehorigkdt eines Inhibitors bestimmen, indem man auBer der Polymerisationsg e s c h w i n d i g k e i t auch den Polymerisationsg r a d des enfstehenden Produkts unter dem EinfluB des Inhibitors bestimmt. Die hieraus gezogenen SchluI3folgerungen sind besonders bei der Polymerisation des Styrols aucli quantitativ gut fundiert, da bei diesem die Kettenlange annahernd gleich dem mittleren Polymerisationsgrad (P) ist 4. Bei der Polymerisation anderer Monomerer ist dies nicht immer erfiillte; man kann daher aus der Unterund P zunachst nur qualitative Schliisse ziehen; jedoch suchung von V B ~ konnen auch diese bereits wesentliche Aufklarung iiber die Wirkungsweise eines Inhibitors geben. Schwache Inhibitoren werden in der Technik vielfach als Regler benutzt, so da13 die von uns vorgeschlagene Systematik der Inhibitoren ohlie weiteres auf Regler iibertragbar ist. Um einen uberblick iiber die verschiedenen moglichen Inhibitorwirkungen zu erhalten und auch dein chemischen Mechanismus dieser Reaktionen G. V. Schulz, Chem. Ber. 80 (1947) im Druck. beim Vinylacetat [Medwedew und Kamenskaja, Acta physikochim. USSR. 13, 565 (1940)l und Methacrylsaureester [G.V. Schulz und G. F. Blaschke, 2. physik. Chem. (B) 51, 75 (1942)l. 5 6 2 B. . 95 G . V. Schulz naherzukommen, haben wir in den Jahren 1943 bis 1915 im Institut fur yhysikalische Chemie der Universitat Rostock eine groBere Anzahl organischer und anorganischer Stoffe auf ihre inhibierende Wirkung hin untersucht. Im folgenden teilen wir das Ergebnis dieser Untei suchung mit. 1 . Quantitative Charakteristerung von Inhibitoren 1 W-ir benutzen folgcnde Bezeichnungen: Bruttogeschwindigkeit (O/o Umsatz pro Minute) Vsr V B r ( o ) Bruttogeschwindigkeit ohne Zusatz von Inhibitor P mittlercr Polymerisationsgrad Po dasselbe ohne Zusatz von Inhibitor VA Cieschwindigkeit des Kettenstarts v A ( o ) dasselbe ohne Zusatz von Inhibitor. a) U ntersche idung de r Inhibitork las sen Beim Styrol gilt naherungsweise (2) VA=vbr/P V A ~ O ) (3) = vBr(o)/Po Wir definieren qv und (4) vIjr/VBr(c) _(5) qp f PIP, Diese Quotienten sind ein unmittelbares MaB fur den EinfluB eines Inhibitors. Da ein Inhibitor die Bruttogeschwindigkeit herabsetzt, gilt fur ihii V B r 1 Gber q,, ist von vorn herein nichts auszusagen. Auf Grund der oben gegebenen Einteiluny lassen sich die 4 InhibitorUiegler-)Klassen durch folgende Beziehuiigen unterscheiden: I. A b b r u c h i n h i b i t o r en. Diese verursachen eine zusatzliche Abbruchreaktion. Da sic sonst keine Wirkung auf den Polymerisationsprozell haben, setzen sie die Bruttogeschwindigkeit im gleichen Verhaltnis wie den Polymerisationsgrad herab. Hieraus ergeben sich folgende Beziehungen: 9v) 1 (IJ) qp> I (192) 9v = (13) qp Ferner ist fur diese Inhibitorklasse VA = V A ( ~ ) und daher Wirkungsnrt von Polynierisationsinhibitoren 11. S t a r t i n h i b i t o r e n. Diese verrnindern die Startgeschwindigkeit durch Abfangen eines Teiles des irn Prirnarakt entstehetlden aktiven Produktes. Dagegeii brechen sie keine bereits im Wachstum befindlichen Ketten ab. Fur sie gilt daher qv> I (II,l) q p 7 1 (II,2) qv qp (II,3) VBr - 1 (III,2) 9 v >a p (III,3) P 11’. P O (III,4) K o rn p e n s a t i o n s i n h i b i t o r en. Sie beschleunigen den Prirnarakt, setzen aber gleichzeitig den Polyrnerisationsgrad so stark herab, daB im ganzen eine Verringerung der Bru ttogeschwindigkeit herauskommt. Fur sie gilt dernnach 4v> 1 (IV,l) qp> 1 (IV,2) q v < %I (IV,3) VBr VBrlo) T>-=-- P Po (I V,4) Wie man sieht, lassen sich die 4 Inhibitor-(bzw. Regler-)Klassen durch Alessuiig der Rruttogeschwindigkeit und des Polyrnerisationsgrades eindeutig unterscheiden. b ) Die Halhierungskonzentration c11, Man kann einen Inhibitor unabhangig von jeder Theorie dadurch charakterisieren, da13 man angibt, bei welcher Konzentration er die Reaktionsgeschwindigkeit urn einen bestilnmten Bruchteil herabsetzt. 1st dieser Bruchteil 11.2, so bezeichnen wir diese Konzentration als Halbierungskonzentration. Wir konnen 3 verschiedene Arten von Halbierungskonzentrationen unterscheiden, je nachdeni welche Cieschwigdigkeitsgrofle vom Inhibitor halbiert wird. Ddeses kann die Bruttogeschwindigkeit, der Prirnarakt oder der Kettenabbruch sein. Daher ist die Wirkung eines Inhibitors durch 3 v erschiedene Halbierungskonzentrationen charakterisiert. Aus dem gegeii7 Staudinger, Chemie. I. 1.12. 97 G. V. Schulz seitigen Verhaltnis dieser 3 GroBen, welches fur einen bestimmten Inhibitor gefunden wird, kann man seine Klassenzugehorigkeit erkennen. Als MaB f.ur die Wirkung auf den Kettenabbruch kann man die Wirkung auf den Polymerisationsgrad verwenden, was reaktionskinetisch nicht ganz korrekt, aber vom praktischeii Standpunkt aus zweckmaSig ist. In Tabelle 2 sind die Halbierungskonzentrationen der hier untersuchten Inhibitoren zusammengestellt. Bei einem Inhibitor der Klasse I siad die Malbierungskonzentrationen fur die Rruttogeschwindi'gkeit und den Polymerisationsgrad iibereinstimmend. Bei Klasse 111 ist die Halbierungskonzentration fur die Bruttogeschwindigkeit kkiner als fur den Polymerisations grad; fur Klasse IV gilt das Umgekehrte. c) Die Inhibierurtgskonstante ki Entsprechend der Theorie der Kettenreaktionen kann man den Inhibierungsvorgang in folgender Weise quantitativ erfassen'. Die durchschnittliche Kettenliinge ist durch die Wahrtscheinlichkeit B dafur bedingt, dal3 eine wachsende Kette beim nachsten Reaktionsschritt abgebrochen wird. Fur den Fall, daB man den mittleren Polymerisationsgrad gleich der mittleren Kettenlange setzen kann, gilt demnach P = 116. (6) Bezeichnen wir die ,,thermische" Abbruchwahrscheinlichkeit mit 8, , die durch den Inhibitor verursachte zusatzliche Abbruchwahrscheinlichkeit mit pi, so gilt P = Po Pi und damit + Es ist anzunehmen, da13 Bi der Inhibitorkonzentration proportional ist. Dann gilt Bi = aci und somit Da fur ci = 0, p = Po = t/B, ist, erhalten wir schlieIlich D wobei ki = a/B, als I n h i b i e r u n g s k o n s t a n t e bezeichnet sei. Unter Be8, riicksichtigung von () (4) und (5) ist dann 7 Vgl. Semenoff, Chem. Kinetics and Chain Reactions (Oxford 1935); W. Jost. Verbrennungs- und Explosionsvorglnge in Gasen (Springer, Berlin 1937). K. K. Jeu 2527 (1931). und H. N. Alyea, J. amer. chem. SOC. e, 98. Wirkungsart von Polymerisationsinhibitoren Die soeben abgeleiteten Gkichungen gelten jedoch nur unter der Voraussetzung, daB der Inhibitor allein auf den Kettenabbruch einwirkt. BeeinfluBt er auSerd,em noch den Primarakt (hindernd odfer beschleunigend), so ist auch diese Einwirkung mit in Rechilung zu stellen. Empirisch findet man, daB der Ausdruck fur alle .Klassen von Inhibitoren unabhangig von der Kenzentration gilt (vgl. Tab. 1). Reaktionskinetisch laat sich das in folgender Weise begrunden. Variiert man unter sonst gleichen Bedingungen (Temperatur, Konzentration usw.) die Geschwindigkeit des PrimPraktes, so zeigt sich in der Regel 1 6 8, daS der 1'olymerisationsgr;d hicrdurch' gemiiS der Beziehung -I Po = A/ ~T (11) 1:eeinfluSt wird, wobei A eine empirische Konstante ist. Erhbhung von V A fuhrt also zu einer Erniedrigung von und umgekehrt. Allgemein muB Gleichung (11) gelten, \\Venn die wachsenden Ketten sich gegenseitig (durch Kombination oder Disproportionierungo) abbrechen. In (8) ist dann Fi an Stelle von Foeinzusetzen, so daS man -, -= P A = + ki ci j q 1 + ki ci) erhalt. Nach Beriicksichtigung von (1) ergibt sich daraus, wenn nian den Polymerisationsgrad gleich der Kettenlange setzt, bzw. Da fur Ci = 0 der Klammerausdruck gleich 1 wird, ist A' = To . v ~ ~ ( ~ ) und man bekommt woraus sich nach Einsetzen von (4) und (5) schliel3lich Gleichung (10) ergibt. FQr qp = qv geht (10) in (9) fiber. 8 G. V. Schulz und E. Husemann, Z. physik. Chem. (B) 36, 184 (1937); 3% 246 (1938); F. Patat, Z. f. Elektrochem. 47, (1941). 0 F. 0. Rice und K. K. Rice, The Aliphatic Free Radicals 1935. 1. 93 G. V. Schulz Tabelle 1 Berechnung der hhibk?FMg¶kOn#tMte fiir eine Anzahl verschiedenartlger . Inhibitoren Inhibitor * ci * 103 VBr * HOl/Lit. ohne Zusatz Tetraphenyloktatetraen (3) Tetraphenyldekapeataen i4) Dibiphenylenathylen (5) 2,4 4,9 9,7 2,3 4,6 9.2 15 30 6,7 13,4 28,8 5,5 10,9 27.2 5,05 T :" lo2 3,85 2,02 1,32 0,57 1,57 1,05 0.62 2,73 2,34 1,77 1.22 0,70 1.41 0,64 0.28 3,36 2,91 1.56 0,95 0,97 0.35 1,43 0,84 0,40 1;41 0;82 0,52 132 0,81 0,39 3,20 2,95 2,15 9" 1,91 2,82 4,43 2,45 3,66 6.2 1,41 1,65 2,18 3,15 5,50 2.72 6,00 13.7 l,15 1,32 2.47 4,05 3,98 11.0 2,7 5,3 14,l 2,73 5,35 8,40 3,15 4,75 9,9 1,20 1,31 1,79 k, - P 2330 1850 1355 1090 1310 1075 685 1230 910 533 345 215 835 594 368 2188 1996 1445 1115 " - - 1,26 1,72 2,13 1,75 2,17 3,4L 1,87 232 4,21 6,75 10,9 2,79 3,92 6.35 1,07 1,17 1,62 2.05 230 225 215 475 398 392 42 35 3 0 270 250 318 Hydrazobenzol 352 (32) 307 Azoxybenzol 22 24 10,l (34) 20 Nitrobenzol 50 19 (*W 103 175 963 Dinitrobenzol 12 2,42 205 4.62 505 30 (37) 255 4,6 1345 Dinitronaphtalin 1,8 1,78 265 2,23 9,G 1050 (39) 23 745 3,11 213 Dinitronaphtalin 1.5 2,3 1310 1,78 520 (401 4,6 1000 2.23 530 9,2 750 3,11 450 Tetranitromethin 2,5 553 4,38 1090 405 5,75 850 (41) 5,O 248 9,45 870 10,O pNitranilin 3,6 1975 1,18 53 1710 1,37 48 (42) 7,2 14,5 1,62 48 1440 Z4-Dinitroanilin 2,7 900 2,6 680 3,l 1,24 520 4,5 530 (44) 8,2 6,6 0,58 680 0,36 10,6 365 6,4 16,4 Die eingeklammerte Zahl bezieht eich auf die Nummer in Tshelle 2. ?henylnitroiithylen (8) vA. lo5 MCk(10) nach(2) 1,64 1,l 0,97 0.80 1,05 0,84 0.9 2,23 2,56 3,2 3,5 3#3 1,69 1,08 0.76 1,77 1,62 1,08 0,85 1.01 0.69 1.06 0,80 0,54 1.08 0,82 0,69 2,2 2.0 1,6 1,63 1,73 1,50 1'38 1,11 0,53 In Tabelle 1 sind eine Reihe von Versuchen zusammengestellt, in welehen die Wirkungsweise verschiedener Inhibitoren in Abhangigkeit von der Konzentration untersucht wurde. Man sieht, daB die nach (10) herechnete Inhibierungskonstante innerhalb der Fehlergrenzen unabhangig von der Konzentration und der Klassenzugehorigkeit des Inhibitors ist. la0 Wirkungsart von Polymerisationsinhibitoren IlL KlasslBialerung einer Reihe wlrksamer Stoffe Irn folgenden geben wir das Ergebnis einer Untersuchung wieder, in welcher eine Reihe sehr verschiedenartiger Stoffe auf ihre inhibierende 'Iliirkung hin gepriift wurde. Die Bruttogeschwindigkeit wurde nack 3 Methoden bestimmt, durch dilatometrische Messung'O und nach der Fallungsmethode. Der Polymerisationsgrad wurde viskosimetrisch bestimmt, nachdem wir uns vorher diirch vergleichende viskoshnetrische und osmometrische Messungen iiber den Zusammenhang zwischen Polymerisationsgrad und Viskositatszahl orientiert hattens. In Tabelle 2 sind auch Stoffe aufgenommen, die sioh nicht als Inhibitoren erwiesen. Von lnteresse waren besonders die kondensierten Aromaten, da diese nach Untersuchungen von Wittig und Pieper l1 Autoxydation stark die dr inhibieren. Auf Cirund m e Vorstellungen, die Moureu und Dufraisse l* iiber die Parallelitat von Autoxydation und Polymerisationsinhibierung entwickelt haben, war zu erwarten, daB diese Korperklasse auch die PoIymerisation des Styrols inhibieren wiirde. Wie sich zeigte, ist das nicht der Fall. Tabelle 2. Inhiblerende Whknng elniger Stoffe* Nr. - Ungesattigte Kohlenwasserstoffe und Derirate (vgl. Nr. 17) - Tetraphenyltetradieu unwirksam Tetraphenylhexatrien 42 behindernd 15 Tetraphenyloktatetraen 230 behindernd 2,5 Tetraphenyldekapentaen 420 behindernd 1.6 42 beschleunigend 21 Dibiphenylenathylen Dipenten brschleunigt etwas Diphenylvinylbromid 10 beschleun. etwas Phenylnitroathylen 300 beschleunigend 6,7 1 2 3 4 5 6 7 8 - Kondensierte Aromaten Pyren Chrysen 9 10 - - ca. 25 56 10 3,s 5 3,5 16 2.4 I11 I11 I11 IV .IV rv - unwirksam unwirksrm Die Anzahl unserer Versuche 'reicht noch nicht dazu aus, urn einen vollstandigen Uberblick iiber die Polymerisationsbehinderung zu erhalten. Im einzelnen zeigen sich aber schon einige aufschluBreiche Z,usammenhange, auf die kurz eingegangen sei: 10 Die Methode ist beschrieben bei G. V. Schulz und G. Harborth, Angew. Chemie 5B (1947) 90. Erscheint demnachst. Vgl. den zusammcnfassenden Bericht von Ch. Dufraisse, im Handbuch der Ratalyse Bd. I1 (Springer, Wien 1940). 11 14 101 G. V. Schulz Nr. Substanz ki Tetracen Perylen Diphenylanthracen Rubicen Rubren 11 12 13 14 15 Wirkung auf Primirakt unwirksam unwirksam unwirksam 20 beschleunigt beschleunigt etwas c112 . 103 Lo, m a vA vBr - - - - __ - Ga b 23 IV - Sauerstoffhaltige Verbindungen ~ ~~~ 1 6 17 18 1 9 20 21 22 23 24 Butyraldehyd Crotonaldehyd Phenol Benzaldehyd Benzoesaure Hydrochinon Chinon (p) Anthrachinon Phenanthrenehinon beschleunigt etwas plnwirksam beschleunigt etwas 0,7 uriwirksam unwirksam 20000 beschleunigt unwirksam 310 behindert - - - - - A - - -- - ca.O,l - IV 2,2 4,5 ca. 7 I11 - - - - - - - ._ - 3,2 3,5 23 I11 ca.40 ca.50 - I Amine und Veraandtes 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 Triathylamin Benzylamin Anilin Dimethylanilin Pyridin Acetamid Benzamid Hydrazobenzol Azobenzol Azoxybenzol 1,3 unmerklich 2.3 unmerklich unwirksam uiiwirksani 0,6 unmerklich unwirksam unwirksam 325 behindernd unwirksam 23 unmerklich 35 Benzophenonoxim unwirksam - - Nitroverbindungen und Verwandtes (vgl. Nr. 8) 36 37 38 39 40 41. 42 43 44 45 Nitrobenzol Dinitrobenzol Trinitrobenzol Dinitronaphtalin 1,8 Dinitronaphtalin 1,5 Tetranitromethan p-Nitranilin 2,4-Dinitroanilin Nitrophenol (0-, p-) m-, Nitrosobenzol 19 190 1510 245 500 850 50 74 ca. lo4 ca.lO4 behindernd 33 4 behindernd behindernd 0,6 behindernd 1,s behindernd 1,3 etwas beschleun. 1,5 unmerklich 1 8 behindernd 11 - 46 47 Schwefel Jod Elemente ** ca. 104 behindernd 2500 behindernd - 90, 84 . 0,s 6,5 3,3 1,l 1 9 1 6 - - to3 21 9 9,5 5,5 111 111 - 111 111 111 IV -40 111 - - - 111 I 111 * Ein grol3er Teil der untersuchten Substanzen wurde uns freundlicherweise toHerrn Prof. \\'itti6 zur Verfugung gestellt, wofur wir auch a n dieser Stelle verbindlichst danken. ** Die Konzentration a u r d e hier in Grammatom pro Liter1 gereclincl. 102 Wirkungsart von Polymerisationsinhibitoren Fine einzelne Doppelbindung hat fur sich allein keinen oder nur einen sehr geringfugigen EinfluB auf die Polymerisation (7,17). Konjugierte Doppelbindungen inhibieren in um so starkerem MaBe, je mehr sie sich irn Molekul haufen. (1-4. Befinden sich in einer inhibierenden Substanz noch zusatzlich Doppelbindungen, so wirken diese vielfach beschleunigend auf den Primarakt, so daB die Wirkung der Klasse IV auftritt (5, 7, 8, 22). Hierbei ist vorlaufig nicht zu unterscheiden, ob es sich um primaren Start oder um eine Obertragungsreaktion handelt. Kondensierte Aromaten wirken nicht inhibierend [das Rubicen (14) enthalt moglicherweise etwas Peroxyd]. Interessant ist die sehr starke Wirkung des Henzochinons (22) im Gegensatz zu der sehr schwachen bzw. nicht vorhandenen Wirkung der Chinone von kondensierten Ringsystemen. (23,241. Die Nitrogruppe scheint in jeder Kombination mit anderen Gruppen stark zu inhibieren (8,36--35). Mehrere Nitrogruppen verstarken sich sehr erheblich in ihrer Wirkung (36-38). Interessani ist es, daPJ Gruppen, die fur sich allein wenig wirksam sind, in ihrer Kombination mit Nitrogruppen starke Inhibitoren ergeben. Beispielsweise ist Nitrobenzol ,ein sehr schwacher, Phenol kein Inhibitor. Die Nitrophenole dagegen sind samtlich auBerst starke Inhibitoren (22,36,45). Auch die Kombination einer Nitrogruppe mit einer Doppelbindung (8) bzw. einer Aminogruppe (42,43) fiihrt zu einer Vcrstarkung des Inhibierungseffektes. Manche Befunde legen die Annahme nahe, da13 Oxydations- bzw. Dehydrierungsvorgange bei der Inhibierung eine Rolle spielen Is. Doch tritt dieses im Rahmen des bisherigen uberblicks noch iiicht sehr deutlich in Erscheinung. Ilas Chinon geht mijglicherweise bei der Inhibierung in Hydrochinon iiber 14. Ober einige dahingehende Versuche wird an anderer Stelle berichtet 15. Urn zu erkennen, wie weit die am Styrol gewoiinenen Ergebnisse zii vcrallgemeinern sind,wurde eine griiBere Anzahl der Inhibitoren atis Tabelle 2 auf Methacrylsauremethylester einwirken gelassen 16. Qualitativ zeigte sich im wesentlichen i)bereinstimmung. Einige Abweichungeri siiid dadurch zu erklaren, dalj der Methacrylsaureester nur nach Zusatz von Peroxyd polymerisiert. Beispielsweise wirkt Dimethylanilin zuerst beschleunigend dann hemmend auf die Polymerisation des Methacrylsiiureesters, wahrend es auf die Styrolpolymerisation keinen EinfluB hat. Das liegt daran, daB sich eine Reaktion zwischen dem Peroxyd und Dimethyl13 14 15 16 Vgl. den Artikel von J. W. Breitenbach cbeiida Bd. VII, 1 (1943). W. Kern und Ii. Feuerstein, J. prakt. Chem. 168, 186 (1942~. G. V. Schula, H. Kiimmerer und J. Lorentz,*Chem. Ber. 80 1947, in1 Druck. Unvrroffentlirhte Versuche ron G. Harborth. 103 G. V Schulz . anilin einschiebt, die bei dern rein therrnisch polyrnerisierenden Styrol ausblmeibt. Diese Unteraichungen niuBten leider Anfang 1945 unterbrochen werden. IV. Vergleich zwischen Autoxydations- und Polym~isationsinhibierling Gerneinsarn mit Prof. G. Wittig wurde eine Untersuchung in Angriff genornrnen, welche den Zusammenhang zwischen der Inhibierung der I'olymerisation und cler Autoxydation des Benzaldehyds klaren sollte. Auch diese Arbeit konnte nicht zu Ende gefiihrt werden; die wichtigsten hierbei gewonnenen Ereignisse sind in 'Iabelle 3 zusarnmengestellt. Wir haben urn Vergleich der beideii Reaktionsarten die auf die Bruttogeschwindigkeit bezogene Halbierungskonzentration verwendet, da bei der Autoxydation die Kettenlange nicht genau bekaniit ist. Die fur die Autoxydation geltenden Tabelle 3. Vergleich der Polymerlsatlons- und der Autoxydationsinhibitoren Stoff Tetraphenyl-Butadien Tetraphenyl-Hexatrien Tetraphenyl-Oktatetraen Tetraphenyl-Dekapentaen 1,l-Diphenylathylen Anthracen Pyren Chrysen Tetracen Pery 1 n e Diphenylanthracen Rubicen Rubren Hydrochinon Chinon Anthrachinon Triathylamin Hydrazobenzol Azobenzol Nitrobenzol 1,3-Dinitrobenzol 1,3,5-Trinitrobenzol Nitrosobenzol Halbierungskonzentration bei der Polymerisation Autoxydation (MillimoULiter) unwirksam 15 2,5 1.6 21 unwirksam unwirksam unwirksam unwirksam unwirksarn unwirkaam unwirksam unwirksam unwirksam ca. 0,1 iinwirksam ca. 800 3,2 unwirksam 33 4 O,G 1 03 0,15 0,03 0,07 3 0,Ol 0,02 unklare Wirkung 0,03 0,Ol 0,Ol 0.05 0,03 0,001 0,Ol unwirksam 20 0,001 0,Ol O,l5 0,05 0,005 0.1 Werte haben nicht die gleiche Genauigkeit wie die fur die Polymerisatioii gcltenden, da die angewandte Inhibitorkonzentration vielfach ziemlich weit iiber der Halbierungskonzentration lag, so daB eine Extrapolation vorgenommen werden rnuBte. Sic treffen aber die Groflenordnung (die in weiten 104 Wirkungsart von Polymerisationsinhibitoren Grenzen variiert) richtig und sind daher fur eineii Vergleich durchaus geeignet. FaBt rnan die in Tabelle 3 zusarnrnengestellten Ergebnisse zusarnmen, so kornrnt man zu folgeiidern Befund:. 1. Alle Polymerisationsinhibitoren inhibieren auch die Autoxydation; 2. Einige Autoxydationsinhibitoren inhibieren n i cli t die Polyrnerisation. 3. Die Zahlenwerte fur die Halbierungskonzentration sind bei der Autoxydation durchweg wesentlich niedriger als bei der Polymerisation (durchschnittlich urn 3 GroBenordnungen); die Wirksamkeit der Inhibitoren ist bei der Autoxydation also sehr vie1 starker. 4. Bei Reihen ahnlicher Stoffe bewegen sich die Koiistanten von Inhibitoren, die der gleichen Stoffklasse angehoren, vielfach parallel. Diese Parallelitat verschwindet aber, wenn rnan Inhibitoren verschiederier Stoffklassen miteinander vergleicht. Die Autoxydation ist, wie sich ergibt, eiii leichter zu inhibierender ProzeB als die Polyrnerisation. Dariiber hinaus bestehen zweifellos Zusarnmenhiinge zwischen den beiden Reaktionsarten, doch sind diese auf Grund des bisher vorliegenden Materials nicht leicht zu deuten. Nach Arbeiten von Wittig und Pieper l1 l7 sind gewisse ungesiittigte Kohlenwasserstoffe, die von Sauerstoif allein nicht angegriffen werden, rnehr oder weniger wirksarne Inhibitoren fur die Autoxydation des Benzaldehyds, wobei sie selbst der Autoxydation anheirnfallen. Es handelt sich dabei also urn chemisch gekoppelte Vorgange, die rnit einer Mischpolymerisation vergleichbar sind: R H R H v ... o=o ... c=c ..... o=o ...v ..... o=o c=o c=o Nur wird die Reaktionskette nicht zu eiiiern Makromolekul ,,eingeiroren", sondern sie zerfallt unter hdlftiger Teilung der Saucrstoffrnolekiile zu den Oxydationsprodukten der Aldehyde und Inhibitoren. So entsteht in Gegenwart von Dibiphenylen-athylen als Inhibitor Benzoesaure und Fluorenon. Bei der Polyrnerisation des Styrols spielt allerdings Sauerstoff keine Rolle; es treten auch keine Peroxyde auf 8, eine Annahme, die von Moureu und Dufraisse gemacht wurde. Das Gemeinsame beider Reaktionen sind wohl Radikale, welche als Trager der Kettenreaktion auftreten und von den Inhibitoren abgefangen werden. Hierbei scheinen die Radikale der Autoxydation reaktionsfahiger zu sein, als diejenigen der Polyrnerisation. 17 Erscheinen demniichst. 105
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